Krankenhaus- und Rehabehandlung

Stationäre Behandlung bei Zwangsstörungen

Oft ist bei Zwangsstörungen eine stationäre psychosomatisch/psychotherapeutische Behandlung angezeigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn ambulante Maßnahmen nicht zu einem ausreichenden Erfolg geführt haben, intensive hochfrequente Expositionsmaßnahmen durchgeführt werden sollen, die im ambulanten Rahmen nicht möglich sind oder eine kurzfristige Herausnahme aus dem häuslichen Umfeld therapeutisch notwendig ist. Zusätzlich bietet eine stationäre Behandlung die Möglichkeit, die Gesamtproblematik auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu behandeln (sog. Multimodale Therapie). Speziell bei Zwangsstörungen hat sich z. B. parallel zur Symptombehandlung der Aufbau sozialer und zwischenmenschlicher Kompetenzen sehr bewährt. Bei vielen Fällen von Zwangsstörungen entwickeln sich im Verlauf zusätzliche psychische Störungen, wie z.B. Depressionen, so dass die Mittel der ambulanten Therapie nicht mehr ausreichen.
Krankenhausbehandlung und stationäre Rehabilitation
Ist nun die Entscheidung für eine stationäre Behandlung getroffen, sollte man wissen, dass es zwei unterschiedliche Arten stationärer Behandlung gibt, für die unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen gelten, und die von  unterschiedlichen Kostenträgern bezahlt werden. So werden die stationäre Krankenhausbehandlung und die stationäre Rehabilitationsbehandlung unterschieden.

Stationäre Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V)

Eine Krankenhausbehandlung hat als Ziel die Wiederherstellung/Erhaltung der Gesundheit. Kostenträger ist entweder die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) oder die private Krankenversicherung (PKV) und die Beihilfe. Eine Krankenhausbehandlung  steht dem Versicherten zu, wenn:
Die Aufnahme nach Prüfung durch die verantwortlichen Ärzte notwendig ist,

(1)     wenn das Behandlungsziel die Heilung oder wesentliche Besserung  einer Erkrankung ist.
(2)     wenn dieses Ziel nicht genauso gut durch ambulante oder teilstationäre (und damit kostengünstigere) Behandlung erreichbar ist,
(3)     wenn die zu behandelnde Erkrankung so schwerwiegend ist, dass die aufwändige stationäre Behandlung gerechtfertigt ist.

Dies trifft in der Regel auf akute oder schwerwiegende Krankheitsbilder zu, bzw. aktuelle oder ständig drohende akute Verschlechterungen bei länger bestehenden Erkrankungen.
In diesem Fall tritt die Leistungspflicht der Krankenkasse ein, die allerdings ihrerseits die Möglichkeit, hat ihre Leistungspflicht, d.h. die Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes zu überprüfen.

Stationäre Rehabilitationsbehandlung

Eine  Stationäre Rehabilitationsbehandlung ( in der PKV auch „Sanatoriumsbehandlung“ genannt), strebt die Erhaltung/Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit (Rentenversicherung) bzw. die Verhinderung einer Behinderung (Krankenversicherung) an. Ziele sind demnach:

1.)     Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder
2.)     Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (SGB 9 § 26).

Dies betrifft in der Regel Erkrankungen in einem nicht-akuten Stadium mit langem chronischen Verlauf und immer wiederkehrenden langen Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Oft ist in das Behandlungsprogramm die Anwendung von Heilmitteln (z.B. Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Physikalische Maßnahmen) und Soziotherapie mit beruflichen Belastungserprobungen integriert. Kostenträger hierfür sind die Rentenversicherungsanstalten BfA, LVA, Bundesknappschaft, Landwirtschaftliche Alterskasse etc. (§ 40 SGB V), und – bei Unfallschaden oder Berufskrankheit- die Berufsgenossenschaft sowie die Beihilfe.
Kompliziert wird die Unterscheidung dadurch, dass einige Kliniken sowohl Krankenhausbehandlung, als auch Rehabilitationsbehandlungen anbieten. Diese Kliniken werden von der PKV „gemischte Anstalten „ genannt. Bei diesen Kliniken prüfen die Kassen vor Aufnahme, ob eine Kostenzusage für eine Krankenhausbehandlung erteilt werden kann.

Die Prüfung durch die Kostenträger

Die Sozialversicherungsträger sind in einer finanziell angespannten Lage und prüfen deswegen – zurecht – sehr genau, ob die teureren stationären Krankenhausbehandlungen auch wirklich notwendig sind. Bei den Krankenhäusern erfolgt die Prüfung in der Regel nach Aufnahme, bei gemischten Anstalten, wie oben erwähnt, bereits vor der Aufnahme. Deswegen ist es wichtig, daß die Anträge auf Kostenzusage gut begründet sind.
Zwangserkrankungen können zunächst mit ambulanten Maßnahmen behandelt werden. In schwerwiegenden Fällen, bei ungünstigen psychosozialen Bedingungen und bei Vorhandensein anderer psychischer Begleiterkrankungen oder akuten Verschlechterungen kann jedoch eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig werden.
Die Bedingungen sind:

– Die Möglichkeiten der ambulanten Therapie sollten erschöpft sein. Häufig besteht im ambulanten Rahmen nicht die Möglichkeit, intensive Expositionssitzungen durchzuführen. Dies kann dann im stationären Rahmen erfolgen, sofern ein entsprechendes spezifisches Therapieangebot besteht.
– Die Zwangsstörung ist so schwerwiegend, dass eine Genesung nur mit den Mitteln einer Krankenhausbehandlung zu erreichen ist.
– Die Behandlung sollte begründete Aussicht auf Erfolg haben. Der Patient sollte zur Behandlung ausreichend motiviert sein.

Eine stationäre Krankenhausbehandlung wird um so dringender, je ausgeprägter zusätzliche psychische Begleiterkrankungen und Störungen bei dem Patienten sind. Deswegen empfiehlt es sich, die Begründung der Einweisung durch einen erfahrenen Psychiater oder Psychotherapeuten vornehmen zu lassen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bereits bei der Entscheidung für eine stationäre Behandlung abgeklärt werden sollte, ob eine intensive stationäre Krankenhausbehandlung notwendig ist oder eine Rehabilitationsbehandlung ausreicht. Speziell bei der Beantragung einer Kostenzusage für eine stationäre Krankenhausbehandlung ist eine stichhaltige medizinische Begründung notwendig, aus der der Schweregrad und die aktuelle Akutheit der Symptomatik hervorgeht. Darüber hinaus empfiehlt es sich, vor Beginn einer stationären Behandlung, Informationen über die Unterschiede in den Behandlungskonzepten einzuholen.

Dr. med. Bernhard Osen
Chefarzt der Med.-Psychosomatischen Klinik Bad Bramstedt
Birkenweg 10 – 24576 Bad Bramstedt
Telefon: (04192) 504-0

Anhang Gesetzestexte

SGB 5 § 39 Krankenhausbehandlung
1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a) sowie ambulant (§ 115b) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.

SGB 5 § 40 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen.

SGB 6 § 15 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 des Neunten Buches, ausgenommen Leistungen nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 und § 30 des Neunten Buches. Zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz wird nur erbracht, wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich und soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung oder als Hilfe nach Abschnitt 3 Unterabschnitt 4 des Bundessozialhilfegesetzes zu erbringen ist.

SGB 9 § 26 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um

(1) Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder
(2) Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen insbesondere
(1) Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte und Angehörige anderer Heilberufe, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, einschließlich der Anleitung, eigene Heilungskräfte zu entwickeln,
(2) Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder,
(3) Arznei- und Verbandmittel,
(4) Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie,  Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
(5) Hilfsmittel,
(6) Belastungserprobung und Arbeitstherapie.