(von Bert)

GEDANKENSPIEL

Die Macht der Gedanken   –   oder   –   Der alltägliche Irrgarten

Zwangsgedanken beherrschen den Tag – rund um die Uhr.
Egal, wo ich mich aufhalte – die Gedanken sind immens und überall.
Nur „eine“ Stunde aus dem Leben beschreib ich hier in ein paar Zeilen:

Ich sitze im Wohnzimmer auf der Couch – natürlich mal wieder allein.
Ein Grübeln beginnt und erobert die Macht – ich kann mich dagegen nicht wehren.
Die Gedanken ergreifen Erlebnisse auf – die Vergangenheit holt mich zurück.
Ich denk an „frühere Zeiten“, dort, wo das Leben noch in Ordnung schien.
Schönes war vorhanden, ich war glücklich, zufrieden, fühlte mich gesund.
Gute Freundschaften gab es „damals“, es fehlte an nichts –
ich war, so schien es, ein ganz „normaler“ Mensch!

Die Gedanken, sie gehen weiter, in das ewige „Hier und Jetzt“.
Ich sehe die schöne Natur, die mich beschenkt mit idyllischer Ruhe.
Ich höre ein angenehmes Rauschen und Plätschern eines Baches.
Ich spüre den rauhen Wind und ein wohlig mildes Klima.
All das kann mich nicht aufmuntern – Geräusche, die ich nicht wahrnehme.
In meiner inneren Gefühlswelt herrscht ein ewiges Durcheinander –
eine Unzufriedenheit begleitet mich Stunde für Stunde, Tag für Tag.

In Gedanken hoffe ich:
„Gleich klingelt es an der Tür – ein Besucher naht heran.
Ein guter Freund, Garant für ein harmonisches Miteinander, so wie früher“.
Dann schau ich auf’s Telefon:
„Ein Klingelzeichen soll mich aufmuntern und mir zeigen,
es gibt sie noch, die Mitmenschen, die mich akzeptieren und mögen“.
Aber leider bleibt alles nur ein Gedankenspiel!

In Gedanken steh ich in einem tiefen dunklen Loch,
umgeben von Menschen, die alle auf mich herabsehen.
Menschen mit großen Vorurteilen und ohne Verständnis, so scheint es –
wo sind die guten Menschen geblieben – und wo die Gleichwertigen, die Leidensgefährten.
Ich wünsche mir Freundschaften und Bekanntschaften.
Ich wünsche mir Wärme und Geborgenheit von einer lieben Person.
Die Freizeit würde ich gerne mal wieder entspannter verbringen.
Ein Urlaub würde mir guttun – und überhaupt mehr Ruhe und Ausgeglichenheit.
Sich wieder erfreuen an der schönen Natur – nicht allein, gemeinsam mit andern.
Sich wieder erfreuen an den „normalen Dingen“ des Lebens.

Sehnsüchte, die ein jedes Herz erfreuen.
Sehnsüchte, die eine größere Lebensfreude versprechen.
Soll das alles nur ein Traum bleiben?
Sollen die Gedanken mich weiter verwirren?
In tiefen Gedanken beginne ich den Tag – und in tiefen Gedanken verlasse ich ihn.

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Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein,
langen und bangen in schwebender Pein,
himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt –
glücklich allein ist die Seele, die liebt. 
Goethe